Frauen sind wirklich schwer zu verstehen. Sie klimpern mit den Wimpern und kichern über Witze, die flacher sind als ihre Ballerinas, nur um an einen kostenlosen Drink zu kommen.
Investieren andererseits ohne mit der Wimper auch nur zu zucken, sechs Euro in einen grande Caramel-Frappuchino. Was unwirtschaftlich ist und jeder Logik entbehrt, bedenkt man, dass wir unsere Mathekenntnisse sonst so gern zum Kalorienzählen nutzen.
Wir Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts geben gut und gerne 50 Euro für eine mani-padi aus, und freuen uns selbigen Abends über free entry im Avenue. In unseren Schränken hängen traurig aufgereiht die schönsten Klamotten für bessere Zeiten, weil wir am allerliebsten Geld ausgeben, wenn wir liebeskummerbedingt auf Hungerhakenmaß geschrumpft sind. Die restlichen 340 Tage im Jahr haben wir dann nichts anzuziehen. Weil Shoppen ab einer gewissen Größe uns einfach keinen Spaß macht. Das ist auch der Grund dafür, dass wir so gerne Schuhe kaufen. Schuhe und Taschen und Kosmetik. Denn daran ändert sich nichts. Ob nun glücklich oder am Boden zerstört, 39 bleibt 39 und Birken bleibt Birken. Brautkleid bleibt auch Brautkleid, wird aber eh immer zu klein gekauft. So wie Dinge im Sale. Brauchen wir alles nicht, kostet aber wenig, also brauchen wir es eben doch. Vielleicht herrscht auf der Venus ein anderer Umgang mit Geld. Es geht nicht darum, wie viel ein bisschen Kaffee, Milch und Zucker im EK kosten, sondern um das Gefühl, das wir mitkaufen: Freundschaft, Geborgenheit, Wonne, Belohnung. Bei der Stromrechnung wird so was nicht mitgeliefert, warum eigentlich?
Was wir auch gerne mitkaufen ist ein gutes Gewissen. Denn auch wenn wir alle mal schwach werden – hey, wir sind doch das schwache Geschlecht, haha – und ein T-Shirt für 7,99€ kaufen, ist uns doch irgendwie klar, dass das nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Deshalb boomen die Geschäfte mit Local-Products, Bio, Fairtrade und Economic Foodprint.
Viola fühlt sich auch gleich besser, wenn sie guten Gewissens behaupten kann, dass weder Mensch noch Tier durch ihr Outfit zu Schaden kamen. Beim samstäglichen Schaulaufen im Haubentaucher zum Beispiel. Wenn sie sich in knappen Shorts und bunt bedrucktem Shirt auf einer der türkisen Liegen ausstreckt und sich ihres jugendlichen Daseins freut, zieht sie die Blicke auf sich. Und dann kann sie sagen: alles echt – alles echt gute Qualität. Klar, für 7,99€ bekommt sie kein T-Shirt mit reinem Gewissen, da muss sie schon etwas tiefer in den MCM-Bag greifen. Doch Viola hat etwas erkannt: Sie investiert nicht nur in das I-do-good-Gefühl, langfristig rechnet sich Qualität auch auf finanzieller Seite. Denn mit der richtigen Pflege, hat sie jahrelang etwas von ihrem Lieblingsshirt. Cost per wear. Soviel Ahnung hat selbst Viola von Mathe. Und wenn sie sich gut fühlt, strahlt sie mit der Berliner Sonne um die Wette – zugegeben, keine allzu schwierige Aufgabe in Anbetracht des bisherigen Frühsommers in unserer schönen Stadt. Wie dem auch sei, Violas Motto lautet: „Ik kof ´was Jutes und jut is`“.
Und damit ist sie in Berlin alles andere als allein auf weiter Flur. Man denke nur mal an all die Jutebeutel, die die halbe Stadt so stolz mit sich herumträgt, als sei Jute nicht bloß jut für die Umwelt, sondern auch sexy. Vielleicht sind sie das sogar. Mit weiblicher Logik betrachtet, trägt man in dem Mehrzweckbeutel ja nicht nur seinen 24/7 lasting Lipstick, neuste Hightech und all die Dinge, die man gar nicht braucht, mit sich herum, sondern eben auch ein Statement. Genauer gesagt ein Understatement: seht her, ich bin klasse. Ich brauche keine Label-Bag um meinen Selbstwert zu steigern. Ich bin so cool wie meine Iced-Vanilla-Latte. Gesteigert wird dieser inszenierte Ausdruck totaler Unbeschwertheit noch durch den richtigen Print auf der Naturfasertasche: freche Sprüche, politische Statements, das Selfie aus der letzten Nacht im Trust – yes, we can. Und zwar wir alle. Die Jute geht, wie Birkenstock und Sojamilch, sowohl zu Jack Wolfskin als auch zu Moschino. Cheap and chic eben.
Viola will die Welt ein bisschen besser machen. Weil es auch sie ein bisschen besser macht. Sie genießt die Blicke, als sie barfuss zwischen den Sonnenliegen voller toller Leute hindurch stolziert. Ein Kopfnicken hier, ein „Meeeensch, hey, hallo, wie geht’s dir“ dort. Man kennt sich. Auch Berlin wird zum Dorf, wenn man weiß, wo der Bär steppt.
Vielleicht versuchen die Schönen den Text auf ihrem Shirt zu lesen, vielleicht fragen sie sich, wo sie das coole Teil schon wieder her hat, vielleicht stellen sie sich auch vor, was unter diesem Print verborgen ist. Das ist Viola letztendlich egal. Es sind Blicke der Bewunderung. Und die sind unbezahlbar. Besonders an einem Ort wie diesem, einer Mischung aus Mitte-Schick und Springbreak mitten in Friedrichshain. Berliner verlassen ihren Kiez äußerst ungern. Wenn die halbe Stadt mobil wird, um sich bei Hip-Hop-Tunes und Süßkartoffel-Pommes gegenseitig etwas vorzuräkeln, ist man besser mittendrin statt nur dabei. Viola kennt hier „jeden“. Viola kennt sowieso immer jeden. Viola ist eben hipper als der Hip-Hop, der aus den Boxen dröhnt und heißer als der Sand an ihren pedikürten Füßen.
Auch das gehört zum Lifestyle jeden Stylers. Its not working without networking – noch so ein Motto von Viola. Sehen und gesehen werden reicht nicht mehr aus. Heute musst du kennen und erkannt werden. Du musst überall sein, aber unerreichbar. Its all about attitude.
Viola trägt auf ihrem T-Shirt schon die Einladung zur Afterparty: „Bitches love Gästeliste“ steht da in bestem Siebdruck – made in Berlin von Multicolorshirt. She sure did her math: Botschaft plus Selbstironie = Gesprächsstoff und freier Eintritt.
So signalisiert sie den Richtigen und Wichtigen, was sie will – und kriegt es auch. Ihr Print ist on point. So wie Violas Moskow Mule, den sie mit einem Augenzwinkern bezahlt.
Qualität zahlt sich aus und Druck öffnet Türen.
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